1878

Illegal und doch erfolgreich

Die südwestdeutsche Sozialdemokratie und das „Sozialistengesetz“

Das von Reichskanzler Otto von Bismarck 1878 im Reichstag durchgesetzte „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie“ treibt die Arbeiterbewegung – Partei, Gewerkschaften sowie einen Großteil ihrer Vorfeldorganisationen – auf Jahre hinaus in die Illegalität. Ihren rasanten Aufstieg zur Massenbewegung kann das Parteiverbot jedoch ebenso wenig aufhalten wie die Sozialgesetze der Jahre 1883 bis 1891, mit denen der Sozialistenhasser der Arbeiterbewegung durch Linderung der allerschlimmsten Not im Zuge einer Doppelstrategie die Grundlagen entziehen will. 

Während das „Sozialistengesetz“ in Preußen und andernorts rigoros angewandt wird, findet es im deutschen Südwesten eine vergleichsweise milde Handhabung. Vor allem Württemberg entwickelt sich deshalb in der Folgezeit mehr und mehr zum Zufluchtsland für Sozialdemokraten aus dem ganzen Reich. 

Die Parteipresse allerdings kommt auch in Württemberg und in Baden zunächst zum Erliegen. Die Redaktion und Produktion politischer Schriften muss nun ins benachbarte Ausland verlagert, die Verbreitung im Untergrund bewerkstelligt werden. Dem Grenzland Baden kommt in diesem Zusammenhang eine Rolle von reichsweiter Bedeutung zu. Als Verteilstationen für das zentrale Parteiorgan „Der Sozialdemokrat“ und andere Schriften, die fortan aus der Schweiz illegal eingeschmuggelt werden müssen, etablieren sich vor allem Mannheim und Offenburg. Als Hauptorganisator profiliert sich – im engen Zusammenspiel mit Julius Motteler – der Offenburger Joseph Belli.