1919

Zwischen Räte-Aktionismus und Reaktion

Im Ringen um den Aufbau der Demokratie

Die neue badische Landesverfassung misst dem Amt des Staatspräsidenten ohnehin nur eine repräsentative und moderierende Bedeutung bei. Im Zuge einer Ämterrotation hat deshalb im Jahresturnus reihum ein anderes Mitglied der Landesregierung diese Position inne. Auf diese Weise wird dem langjährigen sozialdemokratischen Innenminister Adam Remmele im Laufe der folgenden Jahre gleich zweimal das höchste Amt im Lande zuteil. 

Mit dem Versailler Diktatfrieden bürden die Entente-Mächte der jungen Republik eine schwere Hypothek auf. Zur Unterzeichnung gibt es keine realistische Alternative. Vielleicht nicht von ungefähr ist es mit Hermann Müller ein südwestdeutscher „Realo“, der sich nicht vor dieser undankbaren Aufgabe wegduckt und es auf sich nimmt, Ende Juni 1919 den Gang in den Spiegelsaal von Versailles anzutreten. Der sozialdemokratische Außenminister weiß, dass er damit der von der politischen Rechten kolportierten „Dolchstoßlegende“ weitere Nahrung gibt. 

Die zu Jahresbeginn 1919 auch in Baden und Württemberg angezettelten Spartakisten-Aufstände sind rasch erledigt gewesen. Die Verwerfungen des Jahres 1919 bleiben dennoch auch im deutschen Südwesten nicht ohne Folgen. Die Gewalttaten von Freikorps und Reichswehr auf der einen und Linksextremisten auf der anderen Seite, aber auch Fehler der Mehrheitssozialdemokratie haben hier wie andernorts einen unheilvollen Automatismus in Gang gesetzt: