Als die badische Nationalversammlung am 19. Januar 1919 als erstes demokratisch gewähltes Parlament Deutschlands im Karlsruher Ständehaus zusammentritt, können nun erstmalig im Reich auch weibliche Abgeordnete das Wort ergreifen. Nach der Heidelberger DDP-Politikerin Marianne Weber spricht als Zweite die Sozialdemokratin Therese Blase – noch immer heiser von der Wahlagitation. Vier Sozialdemokratinnen sind ins badische Parlament gewählt worden, aber nur zwei von ihnen werden ihm auch in den darauffolgenden Wahlperioden noch angehören – so neben Blase die Karlsruherin Kunigunde Fischer.
Fast genau 100 Jahre nachdem im südwestlichen Zipfel des Reichs die erste Verfassung auf deutschem Boden in Kraft getreten ist, profiliert sich Baden abermals als verfassungspolitisches „Musterländle“: Im April 1919 wird in einer Volksabstimmung mit der neuen Landesverfassung zugleich die erste demokratische Verfassung Deutschlands verabschiedet. Beruhend auf Vorarbeiten des Sozialdemokraten Eduard Dietz, dient dieses Gesetzeswerk auch als Vorlage für die Verfassung, die im September im Nachbarland Württemberg verabschiedet wird. Im August 1919 wiederum wird die Weimarer Reichsverfassung verkündet. Unter einer Überzahl an Männern haben an ihr lediglich zehn Prozent Frauen mitgewirkt; die Stuttgarter Sozialdemokratin Anna Blos ist die einzige weibliche Nationalversammlungsdelegierte aus ganz Südwestdeutschland gewesen.
Anfang April 1919 finden sich die Zentrumspartei, die linksliberale DDP und die SPD zur ersten demokratisch legitimierten Regierung Badens zusammen. Nirgendwo sonst im Reich soll eine solche „Weimarer Koalition“ so lange Bestand haben wie hier. Mit dem Innenministerium kann sich die SPD im neuen Kabinett neben dem Arbeitsministerium das Schlüsselressort sichern. Geiß fungiert zunächst weiter als Staatspräsident, erst nach der Landtagswahl vom Sommer 1920 scheidet er aus dem Landeskabinett aus.