1947

Im Zeichen des Nachkriegskonsenses

Sozialdemokraten in den Landesregierungen

Auch die Ende 1946 in Südbaden installierte provisorische Allparteienregierung, die von dem Christdemokraten Leo Wohleb geführt wird, ist nur bedingt entscheidungsfähig. Zu Philipp Martzloff, der schon seit Februar 1946 als Ministerialdirektor für Verwaltung und Arbeit fungiert, gesellen sich im Kabinett zwei weitere Genossen: der Lörracher Jurist Marcel Nordmann, der für die Innenpolitik zuständig ist, sowie der Freiburger Chemiefabrikant Friedrich Leibbrandt, der für den wirtschaftlichen Wiederaufbau verantwortlich zeichnet. 

Die Landtagswahlen in Südbaden und Württemberg-Hohenzollern im Mai 1947 erbringen recht ähnliche Resultate. In beiden Ländern fällt den Christdemokraten die absolute Mehrheit der Stimmen zu, während die SPD bei rund 21 bis 22 Prozent verharrt. Trotzdem werden nun Koalitionsregierungen gebildet:  

 

In Württemberg-Hohenzollern verantwortet Schmid unter einem christdemokratischen Regierungschef weiterhin das Justiz- und Renner das Innenressort. In dieser Konstellation hat die Regierung bis zu Schmids Ausscheiden im Frühjahr 1950 Bestand. Im neuen südbadischen Kabinett wiederum ist Leibbrandt zunächst weiterhin für Wirtschaft und Arbeit zuständig, während Nordmann jetzt als Justizminister fungiert. Freilich soll das Regierungsbündnis nicht lange halten: Wegen unüberbrückbarer Gegensätze in der Frage der Bodenreform und der zunehmenden Agitation der südbadischen Christdemokraten gegen die Fusion der drei südwestdeutschen Länder verlässt die SPD Anfang 1948 das Kabinett. Wie für ihre Genossen im Rest Südwestdeutschlands ist auch für die südbadischen Sozialdemokraten ein geeinter Südweststaat die sinnvollste Lösung.  

Ebenso wie Schoettle sind auch Leibbrandt und Nordmann nach Kriegsende aus dem Exil heimgekehrt. Der frühere badische Landesvorsitzende Georg Reinbold, der seine Rückkehr bereits geplant hatte, ist 1946 in New York den Strapazen des Exils erlegen. 1951 soll ihm am selben Ort auch Alexander Schifrin in den Tod folgen. Max Diamant wird erst 1962 auf Bitten seines Freundes Willy Brandt nach Deutschland zurückkehren. Emil Julius Gumbel, Hedwig Wachenheim und mit ihnen die meisten Emigrantinnen und Emigranten haben im Fluchtland eine neue Heimat gefunden. 

Mehr als jeder andere wird es Carlo Schmid sein, der nach Kriegsende das Erbe der aus dem Land getriebenen sozialdemokratischen Vordenker und Parteiintellektuellen aufnimmt. Spätestens seit seiner kulturpolitischen Grundsatzrede auf dem Hamburger SPD-Parteitag 1950 hat er, der Parteineuling ohne „Stallgeruch“, als führender Kulturpolitiker der Partei zu gelten. Ähnlich wie seinerzeit den Revisionisten um Bernstein ist es auch Schmid darum zu tun, die SPD von ideologischem Ballast zu befreien und ihren Wandel zur Volkspartei voranzutreiben.