1928

Gegen den „Bürgerblock“ von Zentrumspartei und Antisemiten

Die württembergische SPD in der politischen Isolation

SPD-Plakat zur Reichstagswahl im Mai 1928 

Seit die württembergischen Sozialdemokraten im Landtag zur Opposition verdammt sind, hat sich Staatspräsident Bazille mehr und mehr zu ihrem Intimfeind gemausert. Als er 1928 die Einführung des achten Pflichtschuljahrs sabotiert, geht die SPD-Fraktion endgültig auf die Barrikaden, denn mit der erweiterten Volksschule ist eines ihrer Kernthemen berührt. 

Immerhin kann sich die SPD mit dem Thema „Volksbildung“ bestens in der württembergischen Öffentlichkeit profilieren: Bei der Landtagwahl, die im Mai 1928 zeitgleich mit der Reichstagswahl ansteht, gewinnt sie ebenso wie die Reichs-SPD deutlich an Stimmen und wird wieder zur stärksten politischen Kraft. Während allerdings auf Reichsebene die Stimmenanteile von Zentrumspartei und DDP nicht mehr für eine Neuauflage der „Weimarer Koalition“ ausreichen würden, könnten die beiden Parteien in Stuttgart rein rechnerisch bequem ein erneutes Bündnis mit der SPD eingehen. 

Die Hochstimmung in der württembergischen SPD hält indes nicht lange an: Die Zentrumspartei bildet lieber ein Minderheitskabinett mit ihren „bewährten“ Partnern Bauernbund und Bürgerpartei statt eine Mehrheitsregierung mit Sozialdemokaten und Liberalen. Damit ist die SPD nun vollständig isoliert. Anders hingegen auf Reichsebene: Im Zuge wochenlanger zäher Verhandlungen bringt der Parteivorsitzende Hermann Müller eine Große Koalition unter Einschluss der DVP zusammen. Nach acht Jahren stellt die SPD damit nun endlich wieder den Kanzler. 

In Württemberg demgegenüber sind die Wochen nach dem Urnengang von Misstrauensanträgen und Verfassungsklagen gegen die Regierung gekennzeichnet. Gleichzeitig erregt hier wie andernorts ein reichspolitisches Thema allerhöchste Aufmerksamkeit: die Zustimmung der sozialdemokratischen Mitglieder der neuen Reichsregierung zum Bau eines ebenso teuren wie unnützen Kriegsschiffs. „Kinderspeisung statt Panzerkreuzer“, so hat die SPD im Vorfeld der Wahl kämpferisch skandiert. Doch nun steht die gerade erst unter Mühen errungene Große Koalition auf dem Spiel. Die Alternative hieße: abermaliger Ausschluss der SPD aus der Reichsregierung und erneuter „Bürgerblock“ mit der DNVP. In den SPD-Landesverbänden gehen die Wogen hoch, zahlreiche Ortsvereine schreiben Protestnoten, der Stuttgarter SPD-Chef Kurt Schumacher spricht von einem „Selbstmordversuch“ der Partei. Der parteiinterne Aufstand zeitigt einen wenn auch zweifelhaften Erfolg: Kanzler und SPD-Minister stimmen schließlich mit der Reichstagsfraktion gegen den eigenen Regierungskompromiss.