1928

Von den Werkbänken in Rathäuser und Parlamente

Sozialdemokraten in der badischen Politik der Zwanziger Jahre

Im „Musterländle“ Baden ist derweil die politische Welt noch in Ordnung: Die „Weimarer Koalition“ mit der Zentrumspartei und der DDP erweist sich als stabil. Obwohl der SPD innerhalb des Regierungsbündnisses nur die Rolle eines Juniorpartners zukommt, stellt sie darüber hinaus mit Adam Remmele die bekannteste und meistprofilierte Persönlichkeit der badischen Politik: 

Unermüdlich arbeitet der sozialdemokratische Innenminister am Aufbau eines demokratischen Polizei- und Verwaltungsapparats. Die Landespolizei folgt ihm hierin treu und diszipliniert – was damals keine Selbstverständlichkeit ist. Von Kommunisten, Nazis und anderen Extremisten werden die badischen Freunde und Helfer deshalb wahlweise als „Remmelegarde“ oder „Remmelekosaken“ tituliert, ihr oberster Dienstherr wird als „Arbeiterverräter“ und „Bluthund“ diffamiert. 

Zu den inhaltlichen Erfolgen der badischen SPD trägt auch das ebenso entschiedene wie umsichtige Agieren ihres Fraktionsvorsitzenden Ludwig Marum bei. Auf Reichsebene kämpfen er und Remmele zugleich für eine grundlegende Reform der Ländergrenzen, die das demokratische Potenzial der gefährdeten Republik stabilisieren helfen könnte. Letztlich aber wird das Reformwerk an vielen Einzelegoismen scheitern. 

Die badischen Wählerinnen und Wähler sollen den Sozialdemokraten ihren Einsatz für die Stabilisierung der Demokratie und für die Interessen der „kleinen Leute“ nicht danken: Während die Zentrumspartei gerade unter den Frauen eine stabile Stammwählerschaft besitzt, verliert die SPD von Urnengang zu Urnengang an Stimmen. Dass sie nach der Landtagswahl vom Herbst 1925 mit der Zentrumspartei ein Bündnis unter Ausschluss der DDP eingeht, mag ein strategischer Fehler sein: Remmele, der nun zunächst neben dem Innen- auch das Kultusministerium innehat, muss dem katholischen Koalitionspartner in der Schulfrage Zugeständnisse machen, die mit der sozialdemokratischen Programmatik kaum in Einklang zu bringen sind. 

Auf kommunaler Ebene immerhin stellt sich die Situation für die badische SPD sehr erfreulich dar, in vielen Industriedörfern stellt sie mittlerweile sogar den Bürgermeister. Im Sommer 1928 schließlich kann ein Erfolg wahrhaft historischen Ausmaßes verbucht werden: Mit Hermann Heimerich nimmt im „roten“ Mannheim erstmals ein Sozialdemokrat auf dem Oberbürgermeistersessel Platz und betreibt dort fortan eine ebenso soziale wie innovative Politik. Bis 1933 soll der Jurist freilich das einzige Großstadtoberhaupt mit SPD-Parteibuch im deutschen Südwesten bleiben.