Nach dem Tod Erich Ollenhauers Ende 1963 hat Fritz Erler den Vorsitz der SPD-Bundestagsfraktion übernommen. Ihm trauen die Genossinnen und Genossen unterdessen mehr als jedem anderen zu, eines nicht allzu fernen Tages zum ersten sozialdemokratischen Kanzler der Nachkriegszeit zu avancieren. Es soll freilich ganz anders kommen: 1965 wird bei Erler Leukämie diagnostiziert. Als Anfang Dezember 1966 in Bonn eine Große Koalition unter dem bisherigen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Kurt Georg Kiesinger gebildet wird, ist die Krankheit bereits so weit fortgeschritten, dass er nicht mehr für ein Regierungsamt zur Verfügung steht. Mit Carlo Schmid als Bundesratsminister, später dann auch mit dessen Staatssekretär Friedrich Schäfer sowie dem Tübinger Gymnasiallehrer Erhard Eppler als Entwicklungs- und dem Freiburger Juristen Horst Ehmke als Justizminister finden sich im Laufe der folgenden drei Jahre dennoch gleich vier südwestdeutsche Sozialdemokraten am Bonner Kabinettstisch ein.
Die Kabinettsumbildung in Bonn bringt auch in Stuttgart die Verhältnisse zum Tanzen: Aus Protest gegen ihre Ausgrenzung auf Bundesebene zieht die FDP ihre Minister aus der baden-württembergischen Landesregierung zurück. Damit eröffnet sich für die Südwest-SPD erstmals seit sechs Jahren die realistische Chance auf eine Rückkehr in Regierungsverantwortung. Es werden nun unterschiedlichste Regierungskonstellationen diskutiert. Als die SPD die Option auf eine sozialliberale Koalition schließlich verwirft, gibt sie damit nicht zum ersten Mal die Gelegenheit drein, den Ministerpräsidenten zu stellen. Sacherwägungen geben den Ausschlag – und die weisen in Richtung eines Bündnisses mit der CDU. Als die Christdemokraten in der Frage nach einer Abschaffung der Bekenntnisschulen einlenken, ist der Weg frei für die erste Große Koalition in der Landesgeschichte.
Im neuen Kabinett des Christdemokraten Hans Filbinger nimmt Walter Krause fortan die Position des stellvertretenden Ministerpräsidenten ein. Mit dem von ihm verantworteten Innenministerium sowie dem Finanz-, dem Justiz- und dem Wirtschaftsministerium kann sich der sozialdemokratische Juniorpartner darüber hinaus nicht nur die Hälfte der Ressorts, sondern auch die wichtigsten Schlüsselbereiche sichern. Besetzt werden sie mit dem Mannheimer Lehrer Kurt Angstmann, dem Freiburger Juristen Rudolf Schieler und dem Nürtinger Ökonomen Hans-Otto Schwarz.