Klassen- oder Volkspartei?

Als am 23. Mai 1863 mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein die erste sozialdemokratische Partei in Deutschland gegründet wird, reagieren die Arbeiterbildungsvereine umgehend: Nur wenige Wochen darauf finden sie sich zu einem Vereinstag Deutscher Arbeitervereine zusammen. In der Folgezeit stehen die Vertreter des Mannheimer und des Pforzheimer Vereins mit an vorderster Stelle derer, die den neuen Zusammenschluss schrittweise aus paternalistischer Umklammerung zu befreien und zu politisieren suchen. 

1867 kann sich der VDAV mit der „Deutschen Arbeiterhalle“ ein eigenes Verbandsorgan leisten. Es erscheint in Mannheim, redigiert und herausgegeben vom örtlichen Vereinsvorsitzenden Johann Peter Eichelsdörfer. Seinen „eifrigsten Mitarbeiter“ findet er im neuen Vorsitzenden des VDAV: dem jungen Leipziger Drechsler August Bebel. Ihr beider gemeinsames Ziel ist es, den VDAV und die mit ihm eng verbundene Volkspartei zu einer sozialdemokratischen Volkspartei weiterzuentwickeln. Als dies misslingt, gründen Bebel, Wilhelm Liebknecht und andere Mitstreiter im August 1869 – quasi als „Notlösung“ – eine Klassenpartei: die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschlands. 

In Württemberg zählt der VDAV zu diesem Zeitpunkt 25 Mitgliedsvereine, in Baden hingegen mit dem Mannheimer Verein nur noch einen einzigen. Beginnend mit dem Stuttgarter und dem Metzinger Arbeiterverein, wird im Laufe der folgenden Monate rund die Hälfte der württembergischen Sektionen in die Arbeiterpartei überwechseln. Die Mannheimer Sektion hingegen kann und will es nicht: Zu sehr sind die „Alt-Achtundvierziger“ um Eichelsdörfer in der klassenübergreifenden Tradition der badischen Radikaldemokratie verwurzelt. 

Das freiheitliche und soziale Erbe der südwestdeutschen Radikaldemokraten soll in der Folgezeit an die beiden jungen Arbeiterparteien übergehen, die unterdessen im deutschen Südwesten ihre ersten Bastionen aufbauen.