1849

Bürger und Arbeiter Seite an Seite im Kampf um die Demokratie

Die erste Republik in Deutschland

Nach dem Hecker-Zug sind die badischen Volksvereine umgehend verboten worden. Seit dem Jahresende 1848 aber haben sie sich allmählich wieder zu formieren begonnen. Bis zum Mai 1849 entsteht ein dichtes Netz von circa 500 örtlichen Vereinen mit rund 46.000 Mitgliedern aus allen Schichten der Bevölkerung. Ein Landesausschuss – jetzt unter dem Vorsitz des Zollassistenten Amand Goegg – bildet abermals die organisatorische Klammer. Damit betritt nun zum ersten Mal in der deutschen Geschichte ein parteiartiger Zusammenschluss mit einem klaren Programm die politische Bühne. 

Anzeige im Rastatter „Festungs-Boten“ vom 18. Juli 1849 

Als im Frühjahr 1849 die Durchsetzung der Frankfurter Reichsverfassung mit dem Ziel einer konstitutionellen Monarchie immer unwahrscheinlicher wird, formieren sich die badischen Volksvereine zum Protest. Nachdem sich auch das badische Heer erhoben hat und der Großherzog außer Landes geflohen ist, übernimmt der Landesausschuss der Volksvereine unter Brentano und Goegg am 14. Mai provisorisch die Regierungsgeschäfte, Wahlen zu einer Verfassunggebenden Versammlung werden organisiert. Wenn schon nicht im Rest Deutschlands, so soll zumindest in Baden eine vom Volk getragene Verfassung etabliert werden. Am 3. Juni 1849 findet damit in Baden die erste allgemeine, gleiche, geheime und direkte Männerwahl in der deutschen Geschichte statt. 

Um wachsendem preußischem Druck auszuweichen, sind die wenigen noch verbliebenen Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung – mehrheitlich entschiedene Demokraten – unterdessen dabei, ihre Sitzungen in die württembergische Landeshauptstadt zu verlegen. Schon am 18. Juni jedoch lässt die württembergische Regierung das „Stuttgarter Rumpfparlament“ durch Militäreinheiten sprengen – wohl auch, um nicht in den Sog der sich abzeichnenden Eskalation im Nachbarland zu geraten. 

Denn der vom Thron verjagte badische Großherzog hat mittlerweile Bundestruppen unter preußischer Führung zu Hilfe gerufen. Im Abwehrkampf gegen die heranrückenden Feinde finden sich die Bataillone der Arbeitervereine Seite an Seite mit denen der Bürger und Bauern. Auch aus Württemberg, ja aus ganz Deutschland und selbst aus dem Ausland eilen Menschen herbei, um die badischen Freiheitskämpfer zu unterstützen. Der Versuch der bunt zusammengewürfelten Revolutionsarmee, die „rote Republik“ gegen die militärische Übermacht zu verteidigen, endet in der Katastrophe. Am 23. Juli 1849 ist die Badische Revolution mit der Einnahme der Bundesfestung Rastatt durch preußische Truppen endgültig niedergeschlagen. Zurück bleiben ein heftiger und langwährender Preußenhass sowie ein nicht auszulöschendes Freiheitsstreben. 

„Was ist und was will die soziale Demokratie?“ hat der Revolutionär Ernst Elsenhans noch wenige Tage vor der Kapitulation im Rastatter „Festungs-Boten“ gefragt und selbst die Antwort gleich mitgeliefert: Da die Demokratie allein den Menschen weder Arbeit noch Brot geben werde, müsse auch das Missverhältnis des Eigentums aufgehoben werden. Es dauert Jahre und Jahrzehnte, bis dieser Faden wiederaufgenommen werden kann. Elsenhans selber wird diese Entwicklung nicht mehr miterleben: Als vermeintlicher Hochverräter bezahlt er am 7. August 1849 seinen Einsatz für Freiheit und Gerechtigkeit mit dem Leben. 

Rastatter „Festungs-Bote“ vom 18. Juli 1849