1958

Fort mit „totem Ballast“!

Südwestdeutsche Sozialdemokraten unterwegs nach Godesberg

Unter dem Einfluss von Erler, Schmid, Wehner und Brandt können auf dem Stuttgarter Bundesparteitag im Mai 1958 entscheidende Weichen für eine Reorganisation der SPD gestellt werden. Auch der Entwurf für das im November 1959 in Godesberg zu beschließende neue Parteiprogramm trägt zu weiten Teilen ihre Handschrift. Der Abschnitt zur Landesverteidigung stammt aus Erlers, der zur Kultur aus Schmids Feder.  

Das Godesberger Programm wird in der Tat den Wandel der SPD zu einer modernen Volkspartei einleiten und ihr den Weg an die Regierungsmacht ebnen: Die klassenkämpferischen Parolen von einst sind einem Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft gewichen; Wiederbewaffnung und Westintegration werden akzeptiert, ohne das Ziel der deutschen Einheit aus dem Auge zu verlieren. 

Werbeplakat der SPD aus dem Jahr 1959 

Zu einer modernen Partei müsste freilich auch gehören, dass man in den Führungsgremien Frauen nicht wie Stecknadeln im Heuhaufen suchen muss. In dieser Hinsicht aber tut sich selbst die SPD, der das Land das Frauenwahlrecht und den Gleichheitsgrundsatz verdankt, nicht leichter als die „bürgerliche“ Konkurrenz. 1958 immerhin wird mit der Badenerin Marta Schanzenbach erstmals ein weibliches Wesen in den SPD-Bundesvorstand und ins Parteipräsidium gewählt – und soll in beiden Gremien auf lange Zeit das einzige bleiben. Nur „durch kluge Bescheidenheit und sozialpolitische Sachkompetenz“ habe Schanzenbach sich im Parteipräsidium behaupten können, weiß Erhard Eppler später aus Gesprächen mit der profilierten AWO-Funktionärin zu berichten.